Interview mit Philip Venables, Komponist der Oper Denis & Katya

 

Wie kamst Du auf die Idee, über die tragische Geschichte von Denis und Katya, zwei russischen Teenagern, eine Oper zu schreiben?

 

Eine Woche nach dem Vorfall im November 2016 las Ted Huffman die Nachricht auf Facebook und schickte mir den Link auf WhatsApp. Die Geschichte war sehr medienwirksam und überall online und in internationalen Zeitungen präsent. Als wir dann darüber sprachen, kamen wir schnell darauf, dass das ein sehr geeigneter Opernstoff wäre. Diese ganze Entstehungsgeschichte der Oper – wie wir die Online-Nachricht gefunden haben und unsere Arbeitskommentare über die Umsetzung – wurde dann sogar in Form von projizierten WhatsApp-Chats Teil der Komposition.

 

Wie wird diese wahre Geschichte nun als Oper erzählt?

 

Es gibt sechs Figuren, die in der Oper auftreten. Aber alle werden nur von zwei Darsteller:innen gespielt. Viele sehr unterschiedlichen Szenen werden je nach Konstellation mal gesungen oder mal als Text gesprochen. Die Situationen, Perspektiven und Rollen wechseln sehr schnell, wie ‘hard cuts’ in einem Film. Als Inspiration dienten uns die 'Talking Heads', die TV-Sprecher:innen in Fernseh-Dokumentationen. Jede der sechs Figuren ist musikalisch ganz unterschiedlich charakterisiert und hat ihre eigene Klangwelt: Die Nachbarin klingt in panisch, die Journalistin bleibt ruhig und gefasst, der Lehrer ist vorsichtig und so weiter. Grundsätzlich muss eine Oper eben dramatisch sein, ‘operatic’, wird man hoffentlich sagen!

 

Mit wem hast Du zusammengearbeitet?

 

Die sechs Rollen haben wir für die Uraufführung in Philadelphia in Workshops entwickelt, gemeinsam mit den beiden amerikanischen Darstellenden, mit dem Leitungsteam Ted Huffman, Koautorin Ksenia Ravvina und Sound Designer Rob Kaplowitz und mit den Cellisten. Das Textmaterial stammt aus ganz unterschiedlichen Quellen, aus Interviews, TV-Shows, Zeitungen. Damit haben wir in den Workshops herumgespielt. Überhaupt haben wir für die vokale Charakterisierung, Text und Soundtechnik viel experimentiert und ausprobiert.

 

Warum hast Du Dich für vier Celli als Musikinstrumente entschieden?

 

Vier Celli haben einfach einen muskulösen und robusten Sound. Aber der Cello-Klang ist auch der menschlichen Stimme sehr nah — der Tonumfang des Cellos entspricht fast genau dem von Bariton und Mezzosopran, den Stimmlagen der beiden Gesangssolist:innen. Auch szenisch interagieren die vier Celli, die in jeder der vier Ecken der Bühne platziert sind, sehr wirkungsvoll. Ich mag diese Symmetrie und habe sie auch in die Musik übertragen. Aber zu den vier Celli hört man auch Beeps und andere elektronische Klänge. Es gibt im Gesamtklang viele unterschiedliche Schichten.

 

Was ist neu an dieser Deutschen Erstaufführung für die Staatsoper Hannover?

 

Für die Deutsche Erstaufführung in Hannover ist extra eine deutsche Textfassung in Auftrag gegeben worden. Deshalb mussten wir mehrere Stellen auf die deutsche Sprache musikalisch ändern, umarbeiten und neu arrangieren. Auch die Text-Videos mit den WhatsApp Nachrichten zwischen Ted und mir mussten neu aufgenommen werden, und dazu war auch neues Tonmaterial nötig.

 

Du hast die Oper zusammen mit Ted Huffman geschrieben. Wie arbeitet ihr zusammen, Ted und Du?

 

Ted Hoffman und ich arbeiten seit einigen Jahren sehr eng an mehreren verschiedenen Projekten zusammen. Oft sprechen oder schreiben wir deshalb mehrmals täglich. Ted kommentiert meine Komposition, ich seinen Text und die Inszenierungsarbeit. Unsere Zusammenarbeit ist wirklich sehr eng, wir sprechen und diskutieren sehr viel über alles Mögliche, und wir haben noch viele Ideen für die Zukunft.

 

Interview: Regine Palmai

 

Denis & Katya

Eine amplifizierte Oper von Philip Venables

Premiere am 26.02.2022

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