#Interview

Fünf Fragen an Regisseurin Barbora Horáková Joly zur Wiederaufnahme von Carmen

 

Liebe Barbora, was fasziniert dich an der Oper Carmen?

Es ist vor allem Carmen selbst, die mich an der Oper fasziniert, der Charakter dieser Frau und ihr unbedingter Freiheitsdrang. Es ist dann auch das Milieu, aus dem Carmen kommt, diese am Rande der Gesellschaft stehende Community, in der man viel Spaß hat, in der es aber auch schnell mal gefährlich werden kann. Und dann ist es natürlich auch diese unglaubliche dramatische und musikalische Wucht des Stücks, die ein so tiefes emotionales Erleben ermöglicht.

 

Wie würdest du die Welt, in der eure Carmen spielt, näher beschreiben?

Was man auf der Bühne sieht, ist eine Art heruntergekommenes Stadion oder eine Arena, wie man sie auch heute noch in Spanien an den Rändern vieler Städte finden kann. Hier treffen sich die Kids, um zu spielen, hier treffen sich aber auch die Dealer, hier wird gefeiert, es kommt aber auch immer wieder mal zu Gewalt.

 

Was ist das Besondere an eurer Carmen-Fassung für Hannover?

Entstanden ist diese Carmen-Fassung ja vor drei Jahren, während der Pandemie, wo die Besetzungen klein sein mussten und man nicht zu lange und nicht mit Pause spielen durfte. Wir haben uns gefragt, wie wir die Geschichte trotzdem so erzählen können, dass man sie gut verstehen und fühlen kann. Der Komponist Marius Felix Lange hat dafür eine musikalische Fassung geschrieben, die überwiegend die Musik von Bizet enthält, alle großen „Hits“ der Oper sind nach wie vor zu hören. Dennoch ist die Fassung kompakter, und Marius Felix Lange hat hier und da auch neue Musik geschrieben, etwa für Übergänge zwischen zwei Nummern, als Brücken sozusagen. Herausgekommen ist eine kammermusikalische Fassung von Carmen, die intimer ist, weshalb man noch dichter dran ist an den Hauptfiguren Carmen und Don José und man noch näher mitbekommt, was bei diesem Liebesdrama zwischen den beiden eigentlich passiert. Carmen wird ja oft als große Operndiva wahrgenommen, das Schöne an unserer Fassung ist aber, dass man hier Carmen viel mehr als Mensch spüren kann.

 

Ist Carmen ein aktuelles Stück?

Carmen ist ein Stück, in dem es vor allem um Liebe geht. Und ich denke, dass jedes Stück, das sich mit Liebe in Beziehungen beschäftigt, aktuell ist, weil die Liebe tatsächlich das Wichtigste in unserem Leben ist.

 

Wem würdest du einen Besuch dieser Carmen besonders empfehlen?

Ich glaube, es ist besonders ein Stück für jeden, der Lust hat, sich auf etwas Neues einzulassen. Die Oper ist ja sehr bekannt, und wer Lust hat, sie einmal etwas anders zu hören, sozusagen mit neuen Ohren, der wird hier großen Spaß haben. Außerdem haben wir ein sehr junges Ensemble auf der Bühne, das sehr lebendig ist und auch frech und ein bisschen provokativ. Ich glaube deshalb, dass das Stück auch gerade für ein junges Publikum gut geeignet ist. Und dann ist diese Fassung natürlich auch ideal für alle, die gerne in die Oper gehen wollen, aber nicht unbedingt in ein Stück, das fünf oder sechs Stunden dauert. Unsere Carmen hat eine Spieldauer von knapp zwei Stunden ohne Pause – da kann man reingehen wie in einen Kinofilm!

 

Carmen

Oper von Georges Bizet / Marius Felix Lange
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