Schauspiel

Die Tagesordnung

nach einer Erzählung von Éric Vuillard
Deutschsprachige Erstaufführung

ca. 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause

Termine und Karten

Für diese Produktion sind leider derzeit keine weiteren Termine geplant.

Es ist der 20. Februar 1933. Vierundzwanzig führende Vertreter der deutschen Wirtschaft versammeln sich in Berlin zu einem geheimen Treffen mit Adolf Hitler und Hermann Göring. Was Geld und Namen hat, findet sich zusammen, um dem frisch vereidigten Reichskanzler die Ehre zu erweisen – aber natürlich auch in der Hoffnung, aus dieser Begegnung Profit zu schlagen. Dabei sind: Gustav Krupp, Ernst Tengelmann, Wilhelm von Opel, Hjalmar Schacht, Günther Quandt und Friedrich Flick, um nur ein paar Ausgewählte zu nennen. Nach 30 Minuten ist alles entschieden. Hitler war überzeugend. Die mächtige deutsche Industrie stellt sich hinter die nahe am Bankrott entlangschrammende NSDAP und finanziert den bevorstehenden Wahlkampf. Krupp allein zahlte eine Million.
Mit der Heirat zwischen Industrie und Politik, die den Weg des NS-Regimes ebnete, beginnt der 2017 veröffentlichte Roman Die Tagesordnung von Éric Vuillard. Vuillard sucht Momente deutscher Geschichte auf, die bekannt zu sein scheinen, und lässt uns diese Bekanntheit überdenken. Er verwandelt Geschichte in etwas Neues, irritiert uns mit einem anderen Blick auf das so oft Gehörte, scheinbar Faktische und Sichergeglaubte. Sein Erzähler lässt uns durch die Hinterzimmer der deutschen Geschichte von 1933-1938 wandeln und zeichnet so den Weg des heraufziehenden Krieges auf ganz anderer Ebene nach. Er stöbert die Kleinmütigkeit, Angst, den Selbstbetrug, das so oft praktizierte Wegschauen, das Nachgeben und die Profitgier in den kleinen und großen Momenten der Geschichte auf: der Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Kurt Schuschnigg auf dem Obersalzberg, das Treffen zwischen Lord Halifax und Hermann Göring, eine Begegnung mit Günther Stern in einem Kostümlager Hollywoods, die Annexion Österreichs und Hitlers Ansprache auf dem Heldenplatz 1938.
Vuillard ermöglicht den Gedanken, dass es keine Zwangsläufigkeit der Ereignisse gab. Er stellt das teuflisch verführerische Talent Hitlers nicht ins Zentrum, sondern die bereitwillige Hingabe einer Gesellschaft an eine große Manipulationsmaschine im Glauben an den vermeintlichen eigenen Vorteil. Vuillard entwirft Details, lässt uns fühlen und erleben und ermöglicht uns darüber den Eintritt in Geschichte in Unmittelbarkeit. Gleichzeitig schafft das Wissen um die kommenden Ereignisse die Möglichkeit des Draufblicks auf die Absurdität des Moments. Und so schweben wir gewissermaßen zugleich über der Situation selbst und stecken in ihr – und können das kommende Grauen antizipieren.
Oliver Meyer und Lukas Holzhausen haben diesen Text für sich entdeckt und daraus einen Monolog für den Ballhof Zwei entwickelt, der den Versuch wagt, sich sowohl in die Tiefen der Figurenzeichnung zu werfen als auch den Blick des fassungslosen, irritierten Unbeteiligten einzunehmen und dieses Stück Geschichte neu und anders anzugehen.

Regie und Bühne Oliver Meyer
Kostüme Annabelle Gotha


Neue Presse

„Beeindruckender Monolog. Das Schauspiel Hannover zeigt die Deutschsprachige Erstaufführung von „Die Tagesordnung“ nach dem Roman von Éric Vuillard – und serviert dabei den Schrecken so gekonnt, dass man kein Wort verpassen möchte. (…) Spannend. Klug. Unterhaltsam. Hingehen.“

Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Lukas Holzhausen zeigt, was in dem Buch steckt. Es ist spannend, wie der Schauspieler es schafft, einen in die Geschichte, die hier eben auch Weltgeschichte ist, hineinzuziehen. Sein Spiel passt in die Zeit der Dreißigerjahre, als im Theater auch ein ganz eigener hoher, manchmal hohltönender Ton gepflegt wurde. Regisseur Oliver Meyer lässt das zu. Er sorgt dafür, dass die Aufmerksamkeit ganz auf den Geschichtsspieler fokussiert bleibt. Bei ihm darf sich Lukas Holzhausen tief in den Stoff hineinknien – und viel aus ihm herausholen.“

Programmheft zu „Die Tagesordnung“
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