Geld oder Liebe?

 

Der Schauspieler Hajo Tuschy und der Musiker Jacob Suske setzen Dostojewskis Roman Der Spieler im Ballhof Zwei phantasievoll und mit elektronischer Live-Musik in Szene.

 

Zum Stück

Geld oder Liebe? Um diese Frage geht es oft in Dostojewskis Roman Der Spieler, in dessen Zentrum der Hauslehrer Alexej steht. Gemeinsam mit der Familie des Generals ist er in Roulettenburg gestrandet, wo der General hoffnungs- und glücklos dem Spiel verfallen ist. Alexej hingegen ist Polina, der Tochter des Generals, verfallen, der wiederum vom reichen de Grieux der Hof gemacht wird. Und diesem wiederum schuldet der General Geld. Viel Geld. Jetzt kann nur noch die Erbschaft der Großtante retten. Doch die Alte will einfach nicht sterben. Rien ne va plus? Oder Erfolg auf ganzer Linie?

 

Geld oder Liebe?

 

Hajo Tuschy: Ha! Der Klassiker! Die beiden sind ja Geschwister: Wenn sie weg sind, merk ich erst, wie dringend ich sie brauche. Aber bis wir als Gesellschaft eine Alternative zum „besten aller schlechten Systeme“ umgesetzt haben, nehme ich die Liebe. Die ist zuweilen weniger fiktiv als Geld.

 

Jacob Suske: Liebe ohne Geld kenne ich schon, Geld ohne Liebe ist natürlich uninteressant, ich nehme also beides.

 

All-in oder Nummer sicher?

 

Suske: Beim Drüberreden würde ich auf radikales „All in“ plädieren. Am Tisch schaut es dann oft anders aus. Da behalte ich lieber ein paar Jetons in der Hinterhand. Unnötig zu erwähnen, dass das Spielverhalten auch immer recht zuverlässige Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zulässt. Es ist bei mir immer eine Frage der Beträge. Ich kann nicht behaupten, druckresistent zu sein, aber wenn ich das Gefühl habe, nichts verlieren zu können, oder mich sicher fühle, dann fühle ich mich dem Risiko schon sehr verpflichtet.

 

Tuschy: Ich würde schon sagen, dass ich zum „All-in“ neige. Auf der Bühne und im Spiel. Ich habe schon mehr als eine Pokerrunde mit Freunden verzockt, obwohl – oder gerade weil – ich die meisten Chips vor mir liegen hatte und dann dem „Thrill des Abgrundes“ nicht widerstehen konnte. Man könnte mich also einen miserablen Spieler nennen. Oder einfach: einen Spieler. Beim Spiel auf der Bühne ist das „Alles oder nichts“ wahrscheinlich auf Dauer gewinnbringender als im Casino. Aber auch auf der Bühne braucht es den kühlen Kopf und Ratio, um wirklich das zeigen und erzählen zu können, was man will. Der reine Rausch auf der Bühne, das Flow-Erlebnis, erreichen wir nur durch viel harte Arbeit und Präzision. Dann kann es aber ein sehr beglückender Zustand sein.

 

Wiesbaden oder Petersburg?

 

Tuschy: Petersburg scheint mir schon die feurigere Verheißung. Aber vielleicht auch nur, weil es mir fremd ist – und darin ja stets ein Zauber und viel Projektionsfläche liegt. Wiesbaden hingegen kenne ich. Als ich dort mal gastiert habe, hat mich die Erzählung des Casinos, dass ja direkt an das Theater angrenzt und in dem Dostojewski so erfolglos gezockt haben soll, sehr fasziniert. Ich habe mich damals wahnsinnig drauf gefreut, mir nach der Probe noch die Noblesse des Kurparks zu gönnen. Nach dem Spielen spielen. Irgendwie kam es dann aber nie dazu, nach der Probebühne fand ich mich in der Kantine wieder (deren Charme mehr an die Bonner Republik als an den Glamour eines Casinos erinnert), und von da dann, nach geplatzter Bockwurst und 'nem Pils: ab ins Ibis-Hotel in mein Bett. Wow!

 

Suske: Und darum wähle ich: Las Vegas!

 

Aufhören oder weitermachen?

 

Tuschy: Ich bin für weitermachen. Immer weiter.

 

Suske: Keine Frage: aufhören. Immer: aufhören. Je öfter ich mit etwas aufhöre, desto öfter kann ich wieder anfangen. Ich höre jeden Morgen mit dem Rauchen auf und freue mich dann am Nachmittag wieder, dass ich den Mut habe, wieder anzufangen. Das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr.

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